Guten Tag,
nach längerer Zeit hat die Akasha - Chronik wieder einmal eine kleine Sf - story in mein Gehirn gespült. Freue mich über feedback.
Hier ist sie:
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Auf
dem Strome will ich fahren, von dem Glanze selig blind!
„Warum
jetzt schon, wir hätten doch noch so viel Zeit?“, fragte Wildblume
versonnen. Magister
zögerte ein wenig und antwortete dann nachdenklich: „Wie immer
stellst Du gute Fragen, meine Blume. Es gäbe ja eine Reihe
nahe liegender Antworten. Weil wir es können; weil wir neugierig und
voll Forscherdrang sind …“ Sie
wirbelte ein wenig herum und lachte ihn aus. Aber sie schwieg und
ließ Magister wieder einmal im Ungewissen, warum sie sich denn so
sehr erheiterte. „Du
sollst mich nicht immer auslachen, alte Frau!“, brummte er gespielt
ärgerlich, weil er sich anders nicht zu helfen wusste. Sie
grinste. „Ach, komm. Ich bin kaum über 200 Jahre alt, genau wie
Du!“ Sie
sah versonnen auf das Sternenmeer, dass durch das riesige, fast
halbrunde Panoramafenster ein leichtes, zartes Licht in die Halle
warf. „Wir
werden einen ganz besonderen Ausblick haben, von hier oben aus der
Station.“ „Ja,
das werden wir ganz sicher!“, erwiderte er mit einem Leuchten in
den Augen.
Die
Menschheit war alt. Und sehr enttäuscht. Ihre dokumentierte
Geschichtsschreibung reichte mittlerweile nicht mehr nur über
Jahrtausende, sondern über zehntausende von Jahren. Mehrfach
hatte sie sich selbst an den Rand des Unterganges gebracht, seltsame
Jahrhunderte hatten sich aneinander gereiht, in denen
Gesellschaftsstrukturen herrschten, die im Nachhinein nur als absolut
fremdartig und skurril bezeichnet werden konnten. Doch
im Laufe der Jahrtausende hatte sich manches eingependelt. Extreme
glichen sich einander an, Vielfalt und Logik fanden zunehmend
zueinander. Die
Bevölkerungszahl des Sonnensystems lag nun schon seit längerer Zeit
bei moderaten 100 Milliarden Menschen und die meisten Menschen
begnügten sich mit einer Lebensspanne zwischen 200 und 300 Jahren,
ohne diese nochmals mit elektronischem oder androidischem
Technikeinsatz künstlich zu verlängern. Der Einzelne genoss
ungeahnte Freiheiten und materielle Not war unbekannt. Doch
die Menschheit war allein.
„Warum
hast Du für uns eigentlich die Venus vorgeschlagen?“, frug sie,
„Nur mir zuliebe, weil ich dort einmal einige Jahrzehnte gelebt
habe und sie sehr mag?“ Magister
zögerte kurz und sah etwas verlegen zu Boden. „Na, ja – ehrlich
gesagt schon deswegen, hauptsächlich.“, gab er dann zu.
„Allerdings-“ er blickte sie schelmisch aus den Augenwinkeln an,
„gibt es da auch noch eine gewisse uralte Mythologie hinsichtlich
des Namens der Venus …“ „So, so – Mythologie.“ Wildblume
blickte ihn etwas skeptisch und gespielt streng an. „Davon wirst Du
mir später mehr erzählen!“
Stets
nur zeitweilig unterbrochen durch dunkle Zeitalter hatte die
Wissenschaft ungeheure Fortschritte gemacht. In allen Bereichen. Oder
doch in fast allen. Jahrhunderte,
fast schon Jahrtausende hatte man sich nicht damit abfinden können,
an eine Grenze gestoßen zu sein. Als sich die Erkenntnis
durchsetzte, dass sie tatsächlich bestand und nicht nieder zu reißen
war, ergriff zuerst die Wissenschaftler, später fast die gesamte
Menschheit eine Art Schock, eine nahezu lähmende Depression. Die
Lösung dieses Problems war seit Urzeiten für die nahe Zukunft
voraus gesagt worden, verschiedene Ansätze boten sich scheinbar
willfährig an. Doch es gab keinen Weg. Die Lichtgeschwindigkeit war
nicht überschreitbar. Interstellare oder gar intergalaktische
Raumfahrt würde auf immer unmöglich sein.
Die
gewaltige Raumstation umschwebte mit vielen anderen, recht ähnlichen
die Venus, ganz so wie es viele weitere auf der Umlaufbahn um
sämtliche Planeten des Systems taten. Lediglich im Kuipergürtel,
außerhalb der Neptunbahn suchte man sie vergeblich. „Werden
wir das Licht nicht vermissen?“, frug Wildblume und blickte einen
kurzen Moment etwas irritiert und fast ängstlich drein. „Doch
– das werden wir. Aber wir haben den Glanz der Sterne, der uns
leiten wird. Auf diesem Strome werden wir fahren!“
Einige
Generationen lang versuchte man, das Problem zu verdrängen, die
Frustration zu ignorieren, sich schlicht auf andere Dinge zu
konzentrieren. Der Ausbau aller Planeten des Sonnensystems schritt
zügig voran, zumeist anhand von Terraforming – Projekten, jedoch
wurde auch eifrig mit anderen Ansätzen experimentiert. Von Merkur
bis Neptun, die Monde, viele Asteroiden – und einige machten sich
sogar auf die weite Reise in die Oortsche Wolke, um dort zu siedeln. Immer
wieder einmal gab es auch Phasen, in denen manchmal ganze Flotten von
Generationenschiffen sich auf den Weg ins All machten, um so doch
noch Gebiete außerhalb des Systems zu erforschen. Auch mit
„Schläferschiffen“, in denen Passagiere in suspendierter
Animation ruhten, versuchte man sein Glück. Doch
dies betraf insgesamt nur einige hunderttausend Menschen und selten
hörte man nach langer Zeit einmal auf irgendeine Weise wieder von
ihnen - und wenn dann selten mehr als einen kurzen Gruß.
Magister
und Wildblume nahmen überrascht das Signal wahr. „Wir
wollten doch nicht gestört werden. Aber ich sehe, es ist von
höchster Wichtigkeit und speziell an mich gerichtet.“ Magister hob
leicht den Kopf und sagte: „Sprich, Gehirn!“ „Guten
Tag, hier spricht Erwin persönlich. Magister – habe ich eigentlich
jemals erwähnt, dass ich den individuell von Dir an mich vergebenen
Namen höchst profan und albern finde? Für ein quantenelektronisches
Gehirn, dass mit dem gesamten Solarsystem verknüpft ist, meine ich
jetzt?“ „Hast
Du. Eben zum exakt 126ten Male. Aber Heute ist mir nicht nach
Scherzen. Was gibt es, Gehirn?“ „Gut.“
Erwin wurde sachlich. „Es ist so, dass etliche aus der Bevölkerung
die Idee hatten, es solle doch eine einzelne Person den konkreten
Startbefehl geben, sozusagen. Statt eines automatischen countdowns.
Ich habe dann rumgefragt. Ihr hattet die Anfrage auch vorhin, aber
ihr wolltet ja von Dingen dieser Prioritätsstufe nicht gestört
werden. Die klare Mehrheit aller die abgestimmt haben, war dafür!“ „Gut.“,
sagte Magister knapp. „Dann soll das so sein, keine schlechte Idee,
das hat etwas persönliches. War es das dann?“ „Hm,
nein.“ Erwin schien kurz zu zögern. „Es ist so – ich habe das
dann wie immer bei solchen Sachen per Zufallsgenerator ausgelost …“ „Und?“ „Na ja. DU bist derjenige, Magister. Du bestimmst, wann es losgeht. “Magister
wurde etwas blass, musste sich sammeln und atmete einmal kräftig
durch. „Oh.
Das … - ist doch statistisch völlig unwahrscheinlich.“, brachte
er hervor. „Wem
sagst Du das!“, erwiderte Erwin. „Aber. Nun ja. EINEN musste es
halt eben treffen.“ Magister
fasste sich relativ schnell. „Erwin“,
frug er, „in diesem besonderen Fall habe ich das Recht, selbst eine
Abstimmung zu fordern, die mit der Thematik unmittelbar zu tun hat?“ Erwin
zögerte nicht. „Hast Du, ganz klar! In diesem Fall hier auch als
Einzelperson.“ „Gut,
denn, Erwin. So frage die Bevölkerung des solaren Systems bitte
folgendes: Ist die Gemeinschaft damit einverstanden, wenn Magister
sein Recht und seine Pflicht das Signal zum Aufbruch zu geben abtritt
an die Frau, die er liebt, an Wildblume?“ „Sofern
sie dies annimmt, natürlich.“, fügte er hinzu. „Wird
gemacht!“, verkündete Erwin. „Die Zeit läuft, die üblichen 15
Minuten. Ich bitte um Geduld.“
Neugier
und Forschungsdrang der Menschheit waren tatsächlich unverändert
groß – doch auch eine gewisse Hartnäckigkeit, die das Problem des
„im System gefangen seins“ nicht wirklich zu den Akten legen
konnte, behielt ihren Platz in den Herzen der Menschen. Die
Möglichkeiten der Technik wuchsen und wuchsen immer weiter an. Und
eines Tages lag die „Umgehungslösung“ schlicht auf der Hand. Einzelne
Schiffe auszusenden befriedigte nicht wirklich. Die Kränkung durch
die Naturgesetze, die Menschheit an nur ein einziges, kleines
Sonnensystem unbarmherzig zu fesseln, war groß. Nicht
zu Unrecht vertraten die Verfechter der Idee, die nun auf dem Tisch
lag die Ansicht, dass diese Maßnahme ohnehin würde stattfinden
MÜSSEN – wenn auch zwingend erst in „nicht wirklich naher
Zukunft“.
Dieses
rationale Argument allein hätte also ganz sicher bei der Abstimmung
nicht genügt. Aber dann war da halt eben noch diese Sache mit der
Sehnsucht nach dem Unbekannten, mit der Neugier – und der Sturheit. Die
Menschheit entschied sich fast einstimmig.
„Die
Abstimmung ist beendet!“, ließ sich Erwin nach einiger Zeit
vernehmen. Da niemand etwas sagte, fuhr er fort. „Eine sehr große
Mehrheit ist mit der Abtretung an Wildblume einverstanden. Darf ich
persönlich hinzufügen, dass auch ich dies für eine wirklich
rührende Geste halte?“ „Nein.“,
beschied ihm Magister knapp, aber seine Stimme klang nicht wirklich
unfreundlich dabei. Erwin gab ein Geräusch von sich, das einem
menschlichen Räuspern sehr ähnlich klang. „Gut. Nimmst Du an,
Wildblume?“ Sie nickte stumm. Eine
Zeitlang herrschte Stille, Magister und Wildblume sahen einander tief
in die Augen. Mit
einfühlsamer Stimme meldete sich nach einiger Zeit das Gehirn. „Wildblume
… alles ist vorbereitet. Alle sind bereit. … Soll es
beginnen?“ Sie griff nach Magisters Hand und erhob ihr Gesicht
zu den Sternen. „JA!“
Ein
wahrlich majestätischer Anblick bot sich nun im gesamten System. Kleine
Kunstsonnen über allen Planeten wurden gezündet, glommen vorerst
aber nur matt. Planetenumspannende Schutzschirme schlossen sich
schützend um Atmosphären. Und dann – machte die Menschheit
sich auf den Weg. Mit den größten Raumschiffen, die denkbar waren –
den Planeten ihres Sonnensystems, die nun in acht Richtungen des
Kosmos davon strebten.
Einige
hundert Millionen Menschen hatten es vorgezogen, im heimatlichen
System zu bleiben. Sie hatten sich auf den Asteroiden des
Kuipergürtels gesammelt und auf einigen Monden, die man ihnen gern
zurück ließ. Diese
„Sol-Treuen“ hatten sich noch ein kleines Abschiedsgeschenk an
die Aufbrechenden überlegt, ein farbenprächtiges Lichtspiel und
Feuerwerk, das die Scheidenden ein letztes Mal grüßte.
„Unser
erstes Ziel, Magister?“
„51 Pegasi im Sternbild Pegasus, 50
Lichtjahre von hier. Du weißt es doch.“
„Stimmt. Das ist
unser erstes Ziel. Aber ganz sicher nicht das letzte für das
Planetenschiff Venus!“, lächelte sie.
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* *
(von
BukTom Bloch)
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