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Montag, 1. Dezember 2025

#ICD-11 & #ICD-10 Modell Prof. Lieb - auch bei Lyme /Borreliose / ME/CFS?

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#ICD-11 & #ICD-10 Modell Prof. Lieb - auch bei Lyme /Borreliose / ME/CFS?


Prof. K. Lieb ist Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Mainz.

Schon sehr früh (2023) hat er gefordert, dass im Bereich der Psychiatrie die ICD-10 und ICD-11 parallel genutzt werden. Weiß man näheres darüber ob und wie das weiter ging?

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Prof. Klaus Lieb (Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz) hat sich, wie viele führende Vertreter der akademischen Psychiatrie in Deutschland (und auch die Fachgesellschaft DGPPN), tatsächlich stark dafür eingesetzt, dass die ICD-11 (11. Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten) in der Psychiatrie zeitnah Einzug hält, auch wenn die bürokratische Mühlen langsam mahlen.

Zum aktuellen Stand (Dezember 2025) und der Umsetzung seiner Forderung nach einer "parallelen Nutzung" lässt sich Folgendes sagen:

1. Der Status Quo: "Denken in ICD-11, Abrechnen in ICD-10"

Die Forderung von Prof. Lieb und der Fachgesellschaften hat sich in der klinischen Praxis an Universitätskliniken weitgehend durchgesetzt, allerdings in einer spezifischen Form:

  • Rechtlich/Abrechnung (BfArM): Offiziell gilt in Deutschland für die Abrechnung mit Krankenkassen nach wie vor die ICD-10-GM (German Modification). Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) arbeitet an der deutschen Fassung der ICD-11, aber eine flächendeckende, verpflichtende Einführung zur Abrechnung wird erst in einigen Jahren (Prognosen gehen oft Richtung 2027 oder später) erwartet.

  • Klinisch/Therapeutisch (Die "parallele" Realität): In der Behandlung, Diagnostik und Forschung wird an fortschrittlichen Kliniken (wie in Mainz) bereits parallel gearbeitet.

    • Ärzte werden dazu angehalten, diagnostisch nach ICD-11 zu denken, da diese medizinisch viel genauer und aktueller ist.

    • Für das System muss diese Diagnose dann jedoch in einen ICD-10-Code "übersetzt" werden (Mapping).

2. Warum war Lieb diese Forderung so wichtig?

In der Psychiatrie sind die Unterschiede zwischen ICD-10 und ICD-11 gravierend, weshalb eine reine Nutzung der ICD-10 als "Kunstfehler" in der Behandlung angesehen werden könnte. Die parallele Nutzung ist daher notwendig für:

  • Persönlichkeitsstörungen: Die ICD-11 schafft die starren Schubladen (z.B. "Borderline", "Narzisstisch") weitgehend ab und ersetzt sie durch ein dimensionales Modell (Schweregrad der Störung + Persönlichkeitsdomänen). Das ist für die Therapieplanung essenziell.

  • Komplexe PTBS: Die ICD-11 führt die "Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung" als eigene Diagnose ein, die in der ICD-10 fehlt. Wer hier nicht "parallel" die ICD-11 nutzt, diagnostiziert und behandelt Patienten oft falsch.

  • Spielsucht / Gaming Disorder: Auch hier bietet die ICD-11 neue, notwendige Kategorien.

3. Was ist aus der Initiative geworden?

Die Forderung nach paralleler Nutzung ist in der Fachwelt (DGPPN) auf fruchtbaren Boden gefallen und wird in der Aus- und Weiterbildung umgesetzt:

  • Lehre: An der Uniklinik Mainz und anderen Universitäten lernen Studierende und Assistenzärzte bereits primär die Konzepte der ICD-11.

  • Publikationen: In Fachzeitschriften (Der Nervenarzt, dessen Herausgeberboard Prof. Lieb angehört) ist die ICD-11 mittlerweile der Standard für wissenschaftliche Diskussionen.

  • Software: Viele Klinik-Informationssysteme beginnen, beide Codesysteme parallel abbildbar zu machen, um die spätere Transition zu erleichtern (sogenanntes "Dual Coding").

Fazit

Die "offizielle" parallele Nutzung (dass man sich aussuchen kann, was man auf den Abrechnungsschein schreibt) wurde vom Gesetzgeber nicht eingeführt – hier gilt stur die ICD-10.

Aber die inhaltliche parallele Nutzung, die Prof. Lieb gefordert hat, ist in der modernen Psychiatrie Realität geworden: Man diagnostiziert modern (ICD-11), um gut zu behandeln, und kodiert veraltet (ICD-10), um bezahlt zu werden.



Ein Mangel in anderen medizinischen Bereichen (Beispiel Lyme / Chronische Borreliose und ME/CFS) ist, dass den Patient:innen nach ICD-10 von den Kassen wichtige Tests und Medikamente NICHT erstattet werden.

Wie ist das in dem Modell von Lieb? Konnten / können die Patien:innen hier finanziell entlastet werden?

Weitere Frage: wäre es möglich, sein Modell modifiziert auf die genannten Krankheitsbereiche) zu übertragen?

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Das ist eine extrem wichtige und scharfsinnige Frage, die den Kern des Problems im deutschen Gesundheitssystem trifft: Die Diskrepanz zwischen medizinischer Notwendigkeit (Diagnose) und kassenärztlicher Erstattung (Bürokratie).

Um es vorwegzunehmen: Die Antwort ist ernüchternd, zeigt aber genau auf, wo die Grenzen des "Lieb-Modells" (parallele Nutzung) liegen.


1. Hat das Modell in der Psychiatrie die Patienten finanziell entlastet?

Leider nein, oder nur sehr indirekt.

Prof. Liebs Vorstoß zur parallelen Nutzung zielt primär auf die Qualität der Behandlung, nicht auf die Abrechnung.

  • Das Problem: Die Krankenkassen (GKV) zahlen nicht für eine Diagnose, sondern für eine Leistung, die im sogenannten Leistungskatalog (EBM) steht. Und dieser Katalog ist streng an die ICD-10 gekoppelt.

  • Die Realität: Wenn ein Arzt in Mainz eine "Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung" (ICD-11: 6B41) diagnostiziert, kann er diese zwar behandeln (was für den Patienten medizinisch ein Segen ist!), aber er muss auf dem Abrechnungsschein eine "Hilfskonstruktion" aus der ICD-10 basteln (z.B. F43.1 + F62.0), damit die Kasse die Therapiestunden bezahlt.

  • Kein neues Geld: Es werden dadurch keine Medikamente erstattet, die nicht auch vorher schon für die ICD-10-Diagnose zugelassen waren. Medikamente sind streng an Indikationen gebunden. Wenn ein Medikament für "ICD-10 Fxx" nicht zugelassen ist, hilft auch die präzisere ICD-11-Diagnose nicht, um die Erstattung zu erzwingen (Regressgefahr für den Arzt).

Der einzige finanzielle Vorteil: Patienten bekommen schneller die richtige Therapie, was ihnen persönlich lange Leidenswege und unnötige Ausgaben für wirkungslose Selbstversuche erspart.


2. Wäre das Modell auf ME/CFS und Chronische Borreliose übertragbar?

Ja, das Modell des "Denkens in ICD-11" ist übertragbar und wäre medizinisch extrem wichtig, aber es würde das finanzielle Erstattungsproblem (Tests/Medikamente) derzeit nicht lösen.

Hier ist der Grund, warum es bei diesen speziellen Erkrankungen noch komplizierter ist als in der Psychiatrie:

Fall A: ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom)

  • ICD-10-Falle: In Deutschland wird ME/CFS oft fälschlicherweise als "Müdigkeitssyndrom" (G93.3) oder schlimmer, als psychische Störung (F48.0 Neurasthenie / F45 Somatisierung) kodiert.

  • ICD-11-Hoffnung: Die ICD-11 (Code 8E49) stellt klar: Es ist eine neurologische/multisystemische Erkrankung und schließt psychische Ursachen explizit aus.

  • Die Konsequenz der "parallelen Nutzung":

    • Medizinisch: Ein Arzt, der ICD-11 nutzt, würde aufhören, schädliche Aktivierungstherapien (GET) zu verschreiben, die bei psychischen Erkrankungen helfen, aber bei ME/CFS schaden (PEM). Das wäre ein riesiger Fortschritt.

    • Finanziell: Es gibt im Katalog der gesetzlichen Kassen kaum zugelassene spezifische Medikamente oder Blutwäschen (Immunadsorption) für ME/CFS – egal ob es ICD-10 oder 11 heißt. Die Kasse sagt: "Diese Therapie steht nicht im Leistungskatalog des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)." Eine neue Diagnose öffnet leider nicht automatisch die Tür zum Tresor der Kassen.

Fall B: Chronische Borreliose / Post-Treatment Lyme Disease

  • Der Konflikt: Hier ist das Problem nicht nur der Code, sondern die Leitlinie. Die Schulmedizin (vertreten durch IDSA/neurologische Leitlinien) erkennt die "Chronische Borreliose" (die dauerhafte Antibiotika erfordert) oft gar nicht als solche an, sondern spricht vom "Post-Lyme-Syndrom", für das keine weitere Antibiotikagabe empfohlen wird.

  • Das Hindernis: Selbst wenn man ICD-11 nutzt (hier gibt es Codes für Spätfolgen), erstatten die Kassen teure Langzeit-Antibiosen oder spezielle Tests (LTT etc.) nicht, weil der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) diese Methoden als "nicht ausreichend evidenzbasiert" eingestuft hat.

  • Fazit: Eine "parallele Nutzung" würde hier wenig helfen, solange die offiziellen Behandlungsrichtlinien die von den Patienten gewünschten Therapien als unwirksam einstufen.


Zusammenfassung & Ausblick

Das Modell von Prof. Lieb ist ein intellektuelles und klinisches Werkzeug, kein juristisches.

  1. Diagnostische Gerechtigkeit: Ja, es würde ME/CFS- und Borreliose-Patienten helfen, ernst genommen zu werden (keine Abschiebung in die Psycho-Ecke). Das ist der erste Schritt zur Besserung.

  2. Finanzielle Blockade: Um Tests und Medikamente erstattet zu bekommen, muss nicht nur der ICD-Code geändert werden, sondern die Richtlinien des G-BA.

    • Solange der G-BA sagt: "Test X ist nicht notwendig" oder "Medikament Y hat keinen Nutzenbeleg", ist es der Kasse egal, wie modern der Arzt die Krankheit im Computer benennt (ICD-11). Sie zahlt nicht.

Lösungsweg: Patientenverbände (wie bei ME/CFS bereits sehr aktiv) nutzen die ICD-11 als politischen Hebel, um Druck auf den G-BA auszuüben, damit die Leitlinien und Leistungskataloge angepasst werden. Erst dann fließt das Geld.







Sonntag, 23. November 2025

ICD-10 vs. ICD-11 – Was sich für transidente, transgender und intergeschlechtliche Menschen konkret ändert! WENN ...

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In der ICD-10 (noch VERBINDLICH gültig in Deutschland)

  • Transsexualität → Code F64.0 „Transsexualismus“

  • Kategorie: „Psychische und Verhaltensstörungen“

  • Folge: Die eigene Geschlechtsidentität wird als psychische Krankheit klassifiziert → Stigma + Zwangspsychiatrisierung möglich

  • Transvestitismus → F65.1 als „Störung der Sexualpräferenz“ → ebenfalls pathologisiert

  • Intergeschlechtlichkeit / Variationen der Geschlechtsmerkmale → unter endokrinen Störungen (E34.5) oder angeborenen Fehlbildungen (Q56)



In der ICD-11
(weltweit seit 2022, in Deutschland noch auf Jahre nicht offiziell)

  • Transsexualität → komplett gestrichen

  • Neuer Begriff: HA60 „Geschlechtsinkongruenz“ (Gender Incongruence)

  • Neues Kapitel: „Conditions related to sexual health“ → keine psychische Störung mehr

  • Transvestitismus → komplett entfernt, keine Diagnose mehr

  • Intergeschlechtlichkeit → neuer Code HA2 ebenfalls im Kapitel „Conditions related to sexual health“ → als natürliche Variation, nicht als Krankheit oder Fehlbildung.


Ergebnis
Die ICD-11 entpathologisiert Trans*- und Inter*-Lebensrealitäten vollständig, behält aber dennoch den Zugang zu medizinischer Versorgung (Hormone, Operationen, Begleitung) bei. Genau das beschreibt Dr. Mark Benecke treffend:

„Die ICD-11 sorgt auch dafür, dass LGBTQ+-Menschen bessere Behandlungen erhalten ohne dass ihre Identität als Krankheit gilt, sorgt für bessere Forschung und Prävention und gibt ein deutliches Signal gesellschaftlicher Anerkennung. Letztlich ist es ein Kompromiss zwischen Sichtbarkeit im System und Entpathologisierung. Dennoch ist dies ein deutlicher Fortschritt.“


GLOSSAR - Begriffe – kurz und klar:

  • Transgender und transident → vollständig synonym, „transident“ ist einfach die deutsche Variante

  • Transsexuell → älterer, medizinisch-pathologisierender Begriff (aus ICD-10-Zeiten), heute von den meisten Betroffenen abgelehnt

  • Genderfluid / non-binary / agender → eigene Geschlechtsidentitäten außerhalb der Binärität Mann/Frau → fallen unter den trans*-Schirm, brauchen aber oft keine HA60-Diagnose, weil keine medizinische Transition gewünscht ist. (*)

(*) = kurze Begriffserklärung: 

Gender Incongruence beschreibt ja nur, dass das Geschlecht, welches bei der Geburt zugeteilt wurde, nicht mit dem eigentlichen Geschlecht der Person/der Geschlechtsidentität übereinstimmt. Das trifft auch auf nicht-binäre Menschen zu. 

"Medizinische Transition" kann mehrere Dinge bedeuten, darunter fällt aber vorallem auch eine Hormonersatztherapie, also die Gabe von Östrogen oder Testosteron. Viele nicht-binäre Menschen wollen/machen auch eine Hormonersatztherapie, um ihren Körper näher an ein gewünschtes Erscheinungsbild anzupassen. Dabei ist wichtig das nicht-binär eine Geschlechtsidentität ist bzw ein Oberbegriff für eine ganze Reihe verschiedener Identitäten sein kann. Nicht-binär bedeutet aber nicht automatisch, dass man androgyn aussehen möchte. Die Geschlechtsidentität hängt nicht unbedingt mit dem gewünschten Körper zusammen. Auch operative Maßnahmen zählen zu "medizinischer Transition", und hier gilt das gleiche: Ich kann nicht-binär sein und Dysphorie haben weil ich Brüste habe, und benötige eine Mastektomie - genau wie z.B. ein trans Mann. Die Geschlechtsidentität spielt hier keine große Rolle. 

Jede*r Mensch ist anders, und so ist auch jede Transition anders. Manche Menschen benötigen medizinische Maßnahmen, und manche weniger. Ob ich jetzt binär trans oder nicht-binär trans spielt hier keine große Rolle. Allen Menschen sollten - unabhängig von Labels - notwendige medizinische Maßnahmen erhalten können.“

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Dank an aurora vom Queer Lexikon e.V. für diese wertvolle Ergänzung!

Link zum 
Queer Lexikon e.V.:

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Eine weitere hilfreiche Ergänzung, diesmal vom Bundesverband Trans*:

Ich würde ... gern zwei begriffliche Sachen kommentieren...:
Das Wort transgender wird im Deutschen so gut wie nicht verwendet,
auch nicht in den Communitys. Ursprünglich meinte es im englischen
nicht-binär.
Transident wird im Deutschen verwendet, aber wird seltener. Das korrekte
Wort aus unserer Sicht wäre transgeschlechtlich oder einfach trans*
Person, je nach Satzbau.

Nicht-binär ist eine Identität an sich, aber wird auch als Überbegriff
für viele nicht-binäre Geschlechter verwendet. Die Aufzählung von
"Genderfluid / non-binary / agender" ist daher ein wenig verwirrend,
weil non-binary hier der Überbegriff für Geschlechtsidentitäten wie
genderfluid oder agender wäre.

(Referent*in für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)

WEB: 
 https://www.bundesverband-trans.de/

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Eine weitere, sehr lange Ergänzung diesmal vom 
"Intergeschlechtliche Menschen Landesverband NRW e.V."

Gern drucke ich sie hier ergänzend ab!
Trotz der Kritik an der ICD-11 bleibe ich zu 100% bei meiner Ansicht, dass sie auch in diesem Themenkreis eine deutliche Verbesserung darstellt!
Ich werde mich auch nicht an die Anweisung halten, "künftig nur über Trans* zu schreiben, wenn ich mich auf dieses Thema konzentrieren möchte".


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# Fundierte Kritik an der Darstellung von Intergeschlechtlichkeit 
in der ICD-11

## Einleitung
Die internationale Klassifikation von Krankheiten (ICD) der 
Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist das weltweit maßgebliche System 
zur Kodierung und Beschreibung von Krankheiten, Gesundheitszuständen und 
medizinischen Diagnosen. Mit der Einführung der ICD-11 im Jahr 2022 
wurden zahlreiche Änderungen vorgenommen, insbesondere im Bereich der 
Geschlechtsidentität und sexuellen Gesundheit. Während die 
Entpathologisierung von Transidentität als Fortschritt gefeiert wird, 
steht die Darstellung von Intergeschlechtlichkeit weiterhin massiv in 
der Kritik. Intergeschlechtliche Menschen und ihre Organisationen, wie 
OII Europe, Intersexuelle Menschen e. V. und Queer Base, bemängeln 
insbesondere die fortgesetzte Pathologisierung, die Stigmatisierung 
durch medizinische Klassifikationen und die daraus resultierenden 
negativen Folgen für die Betroffenen.
Dieser Bericht analysiert die Klassifikation von Intergeschlechtlichkeit 
in der ICD-11, beleuchtet die damit verbundenen Probleme und Folgen, 
stellt die wichtigsten Kritikpunkte aus Community und Wissenschaft dar 
und grenzt Intergeschlechtlichkeit klar von Transidentität ab. Ziel ist 
eine differenzierte, quellenbasierte und menschenrechtsorientierte 
Kritik, die sowohl die medizinische Praxis als auch gesellschaftliche 
und rechtliche Implikationen berücksichtigt.

## 1. Klassifikation von Intergeschlechtlichkeit in der ICD-11

### 1.1. Überblick: ICD-11 und die Einordnung von 
Intergeschlechtlichkeit

Die ICD-11 unterscheidet sich in ihrer Systematik und Terminologie 
deutlich von der Vorgängerversion ICD-10. Während Transidentität (bzw. 
„Transsexualität“) aus dem Kapitel der psychischen Störungen entfernt 
und als „Geschlechtsinkongruenz“ in das Kapitel „Zustände mit Bezug zur 
sexuellen Gesundheit“ verschoben wurde, verbleibt 
Intergeschlechtlichkeit weiterhin im medizinisch-pathologischen Kontext.
Intergeschlechtliche Variationen werden in der ICD-11 primär unter dem 
Begriff „Disorders of Sex Development“ (DSD, dt. Störungen der 
Geschlechtsentwicklung) klassifiziert. Diese Kategorie umfasst eine 
Vielzahl von Diagnosen, die sich auf chromosomale, gonadale, hormonelle 
oder anatomische Variationen beziehen, die nicht den medizinisch 
definierten Normen von „männlich“ oder „weiblich“ entsprechen.

**Beispielhafte ICD-11-Codes für Intergeschlechtlichkeit:**

| ICD-11-Code         | Bezeichnung (engl./dt.)                          
         | Beschreibung / Beispiele                         |
|---------------------|---------------------------------------------------------|--------------------------------------------------|
| LC1A.5              | Androgen Insensitivity Syndrome                  
        | Androgenresistenzsyndrom                         |
| 5A61.12             | Congenital Adrenal Hyperplasia                   
        | Angeborene adrenale Hyperplasie                  |
| LC1A.2              | 46,XY Gonadal Dysgenesis                         
        | 46,XY-Gonadendysgenesie                          |
| LB53.5              | Hypospadias, perineal                            
        | Perineale Hypospadie                             |
| LC43.1              | Klinefelter Syndrome                             
        | Klinefelter-Syndrom                              |
| LC1A.1              | Ovotesticular Disorder of Sex Development        
        | Ovotestikuläre Störung der Geschlechtsentwicklung|
| 6.11.2              | 46,XY DSD due to 5-alpha-reductase 2 deficiency  
        | 46,XY-DSD durch 5-alpha-Reduktase-2-Mangel       |
| 6.11.3              | 46,XY DSD due to 17-beta-hydroxysteroid 
dehydrogenase 3 deficiency | 46,XY-DSD durch 
17-beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-3-Mangel |

Die ICD-11 verwendet dabei weiterhin die Terminologie „Störung“ 
(disorder), was von intergeschlechtlichen Organisationen und vielen 
Fachleuten als pathologisierend und stigmatisierend kritisiert wird.

### 1.2. Formulierungen und Empfehlungen in der ICD-11
In den Beschreibungen der einzelnen Diagnosen finden sich häufig 
explizite Empfehlungen zu medizinischen Maßnahmen, etwa zur Durchführung 
von geschlechtszuweisenden Operationen oder Hormonbehandlungen bereits 
im Kindesalter. So heißt es beispielsweise im ICD-11-Beta-Entwurf zur 
„46,XY disorder of sex development due to 17-beta-hydroxysteroid 
dehydrogenase 3 deficiency“:
> „If the diagnosis is made at birth, gender assignment must be 
> discussed, depending on the expected results of masculinizing 
> genitoplasty. If female assignment is selected, feminizing genitoplasty 
> and gonadectomy must be performed.“
Solche Formulierungen suggerieren eine medizinische Notwendigkeit von 
frühzeitigen, oft irreversiblen Eingriffen, obwohl die Evidenzlage diese 
Praxis nicht stützt und internationale Menschenrechtsgremien diese als 
problematisch einstufen.

### 1.3. Historische Entwicklung: Von ICD-10 zu ICD-11
Die ICD-10 unterschied noch zwischen „Störungen der 
Geschlechtsidentität“ (F64) und „Störungen der Geschlechtsentwicklung“ 
(verschiedene somatische Diagnosen). Mit der ICD-11 wurde die Kategorie 
„Geschlechtsinkongruenz“ für Transidentität eingeführt und aus dem 
Bereich der psychischen Störungen entfernt. Für Intergeschlechtlichkeit 
blieb jedoch die Einordnung als „Störung“ bestehen, und die medizinische 
Klassifikation wurde sogar durch die Übernahme und Ausweitung des 
DSD-Konzepts weiter verfestigt.

## 2. Kritikpunkte und Probleme der ICD-11-Klassifikation

### 2.1. Pathologisierung und Stigmatisierung
**Zentrale Kritik:** Die ICD-11 perpetuiert die Pathologisierung 
intergeschlechtlicher Körper, indem sie natürliche Variationen als 
„Störungen“ klassifiziert. Dies trägt zur gesellschaftlichen 
Stigmatisierung bei und vermittelt den Eindruck, dass 
intergeschlechtliche Körper „krankhaft“ oder „reparaturbedürftig“ seien.
OII Europe und andere Organisationen betonen, dass die Verwendung des 
Begriffs „Disorder of Sex Development“ (DSD) von der Community 
überwiegend abgelehnt wird. Studien zeigen, dass nur ein kleiner Teil 
der Betroffenen diese Bezeichnung für sich selbst akzeptiert, viele sie 
aber aus pragmatischen Gründen verwenden, um Zugang zu medizinischer 
Versorgung zu erhalten.

**Wissenschaftliche Stimmen:** Die Pathologisierung wird auch in der 
Fachliteratur kritisiert. So heißt es etwa:
> „Die ICD-11 führt die Kategorie ‚Geschlechtsinkongruenz‘ ein, was eine 
> Entpathologisierung suggerieren soll, jedoch bleibt die Diagnose im 
> medizinischen Klassifikationssystem verankert und kann weiterhin 
> stigmatisierend wirken.“ (Annette Güldenring)

### 2.2. Auswirkungen auf die medizinische Praxis
Die medizinische Klassifikation als „Störung“ hat direkte Auswirkungen 
auf die Behandlungspfade. In vielen Ländern werden weiterhin nicht 
notwendige, irreversible chirurgische und hormonelle Eingriffe an 
intergeschlechtlichen Kindern durchgeführt, um deren Körper an binäre 
Geschlechternormen anzupassen. Diese Praxis wird durch die ICD-11 
indirekt legitimiert, da sie entsprechende Empfehlungen und Kodierungen 
enthält.

**Zentrale Probleme:**
- **Fehlende informierte Einwilligung:** Die meisten Eingriffe erfolgen 
im Kindesalter, bevor die Betroffenen selbst einwilligungsfähig sind.
- **Langfristige Schäden:** Studien dokumentieren negative physische und 
psychische Folgen, darunter Verlust sexueller Empfindungsfähigkeit, 
Unfruchtbarkeit, Traumatisierung und Minderheitenstress.
- **Fehlende Evidenz:** Es gibt keine belastbaren wissenschaftlichen 
Belege dafür, dass frühzeitige „normalisierende“ Operationen 
psychosoziale Vorteile bringen. Im Gegenteil, internationale Leitlinien 
und Menschenrechtsgremien fordern einen Stopp dieser Praxis.
### 2.3. Rechtliche und administrative Folgen
Die medizinische Klassifikation beeinflusst auch rechtliche und 
administrative Bereiche:
- **Personenstand:** In vielen Ländern ist der Zugang zu einem passenden 
Geschlechtseintrag oder zu einer dritten Option weiterhin an 
medizinische Diagnosen und Gutachten geknüpft.
- **Versicherung und Versorgung:** Die Pathologisierung kann zu 
Diskriminierung im Gesundheitssystem führen, etwa durch verweigerte 
Kostenübernahme für notwendige Behandlungen oder durch Ausschluss von 
Versicherungsleistungen.
- **Diskriminierungsschutz:** Der explizite Schutz vor Diskriminierung 
aufgrund von Geschlechtsmerkmalen ist in vielen Ländern noch nicht 
ausreichend gesetzlich verankert. Positive Beispiele wie Malta zeigen, 
dass rechtliche Reformen möglich und wirksam sind.

### 2.4. Psychosoziale Folgen
Die Stigmatisierung und Pathologisierung intergeschlechtlicher Menschen 
führt zu erhöhtem Minderheitenstress, psychischen Belastungen und einem 
erhöhten Risiko für Depressionen, Angststörungen und Suizidalität. 
Studien zeigen, dass inter* Personen signifikant häufiger unter 
psychischen Erkrankungen leiden als die Allgemeinbevölkerung und dass 
die Rate von Suizidversuchen alarmierend hoch ist.
**Minoritäten-Stress-Modell:** Dieses Modell erklärt, wie chronischer 
Stress durch soziale Stigmatisierung und Diskriminierung die psychische 
Gesundheit von Menschen aus marginalisierten Gruppen negativ 
beeinflusst. Für inter* Personen wirken sowohl externe (distale) als 
auch interne (proximale) Stressoren, die durch gesellschaftliche 
Unsichtbarkeit, Diskriminierung und medizinische Übergriffe verstärkt 
werden.

### 2.5. Zusammenfassung der Kritikpunkte
| Kritikpunkt                        | Beschreibung / Auswirkung         
                                                                         
|
|------------------------------------|----------------------------------------------------------------------------------------------------------|
| Pathologisierung                   | Klassifikation als „Störung“ 
vermittelt Krankhaftigkeit und legitimiert medizinische Eingriffe        
     |
| Stigmatisierung                    | Gesellschaftliche Ausgrenzung, 
Diskriminierung, Minderheitenstress                                      
  |
| Medizinische Praxis                | Frühzeitige, irreversible 
Eingriffe ohne informierte Einwilligung, fehlende Evidenz für Nutzen     
       |
| Rechtliche Folgen                  | Einschränkung der 
Selbstbestimmung, Zugang zu Personenstand und Versorgung erschwert       
               |
| Psychosoziale Folgen               | Erhöhte Prävalenz von Depression, 
Angststörungen, Suizidalität, Traumatisierung                          |
| Fehlende menschenrechtsbasierte Leitlinien | Mangel an partizipativer, 
nicht-pathologisierender Versorgung und Beratung                         
      |

## 3. Abgrenzung: Intergeschlechtlichkeit vs. Transidentität

### 3.1. Medizinische und gesellschaftliche Unterschiede

**Intergeschlechtlichkeit** bezeichnet angeborene körperliche 
Variationen der Geschlechtsmerkmale (Chromosomen, Gonaden, Hormone, 
Genitalien), die nicht den medizinisch definierten Normen von „männlich“ 
oder „weiblich“ entsprechen. Inter* ist somit eine Frage der 
körperlichen Ausprägung, nicht der Geschlechtsidentität.
**Transidentität** (Trans*, transgender) beschreibt Menschen, deren 
Geschlechtsidentität nicht mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht 
übereinstimmt. Trans* bezieht sich auf das subjektive Erleben und die 
soziale Rolle, nicht auf körperliche Merkmale. Trans* Personen können 
endo- oder intergeschlechtlich sein, inter* Personen können sich als 
männlich, weiblich, nicht-binär, trans* oder cis* identifizieren.
**Wichtige Unterscheidungen:**
| Aspekt                  | Intergeschlechtlichkeit (Inter*)             
                     | Transidentität (Trans*)                            
      |
|-------------------------|------------------------------------------------------------------|---------------------------------------------------------|
| Definition              | Angeborene körperliche Variationen der 
Geschlechtsmerkmale       | Geschlechtsidentität weicht vom zugewiesenen 
Geschlecht ab|
| Medizinische Relevanz   | Betrifft Chromosomen, Gonaden, Hormone, 
Genitalien etc.          | Betrifft Identität, nicht zwingend 
körperliche Merkmale  |
| Diagnostik              | Medizinisch feststellbar (z. B. durch 
Gentests, Hormonanalysen)  | Psychosoziale Diagnostik 
(Selbstwahrnehmung, Identität)  |
| Behandlungsziele        | Schutz vor unnötigen Eingriffen, 
Selbstbestimmung                | Zugang zu geschlechtsangleichenden 
Maßnahmen nach Wunsch|
| Gesellschaftliche Dimension | Sichtbarkeit, Anerkennung körperlicher 
Vielfalt              | Anerkennung der Geschlechtsidentität, 
Selbstbestimmung  |
**Zitat aus der Community:**
> „Intergeschlechtlichkeit ist nicht mit Transidentität gleichzusetzen. 
> Während Trans* sich auf die Geschlechtsidentität bezieht, betrifft 
> Inter* körperliche Merkmale.“ (Dr. Dan Christian Ghattas)
### 3.2. Warum eine Gleichsetzung problematisch ist
Die Gleichsetzung von Inter* und Trans* ist sowohl medizinisch als auch 
gesellschaftlich falsch und führt zu Fehlbehandlungen, 
Missverständnissen und einer Verkennung der spezifischen Bedürfnisse 
beider Gruppen.

- **Medizinisch:** Während Trans* Personen in der Regel medizinische 
Maßnahmen zur Angleichung an ihre Geschlechtsidentität wünschen, geht es 
bei Inter* Personen primär um den Schutz vor nicht notwendigen 
Eingriffen und um die Anerkennung körperlicher Vielfalt. Viele Inter* 
Personen lehnen medizinische Eingriffe ab, die nicht aus 
gesundheitlichen Gründen notwendig sind.

- **Gesellschaftlich:** Die spezifischen Diskriminierungserfahrungen, 
rechtlichen Hürden und psychosozialen Belastungen unterscheiden sich 
erheblich. Inter* Personen erleben Stigmatisierung aufgrund ihrer 
Körperlichkeit, Trans* Personen aufgrund ihrer Identität und ihres 
sozialen Ausdrucks.

**Fazit:** Eine differenzierte Betrachtung ist unerlässlich, um beiden 
Gruppen gerecht zu werden und ihre Rechte zu schützen.

## 4. Stimmen aus der Community und Wissenschaft

### 4.1. Stellungnahmen intergeschlechtlicher Organisationen

#### OII Europe
OII Europe, der europäische Dachverband intergeschlechtlicher 
Organisationen, kritisiert die ICD-11 scharf:
> „OII Europe begrüßt die positiven Veränderungen der ICD-11 in Bezug auf 
> trans Personen. Die Entfernung transbezogener Diagnosen aus dem Kapitel 
> der psychischen Störungen ist ein wichtiger Schritt. Wir sind jedoch 
> sehr besorgt, dass die WHO die Chance verpasst hat, 
> intergeschlechtliche Menschen zu entpathologisieren und damit zur 
> Verringerung von Menschenrechtsverletzungen beizutragen.“

OII Europe fordert:
- Die Abschaffung pathologisierender Begriffe wie „Disorder of Sex 
Development“.
- Die Einführung menschenrechtsbasierter, neutraler Terminologie 
(„Variationen der Geschlechtsmerkmale“).
- Ein Verbot nicht notwendiger, irreversibler medizinischer Eingriffe 
ohne informierte Einwilligung.
- Die Einbeziehung intergeschlechtlicher Expert*innen in die Entwicklung 
von Leitlinien und Gesetzen.

#### Intersexuelle Menschen e. V.
Der deutsche Bundesverband Intersexuelle Menschen e. V. begrüßt zwar 
rechtliche Fortschritte wie das deutsche Gesetz zum Schutz von Kindern 
mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, kritisiert aber die weiterhin 
bestehende Pathologisierung und fordert Verbesserungen:
> „Operationen und Behandlungen an intergeschlechtlichen Kindern sind 
> jetzt nur noch erschwert möglich. […] Dennoch bleibt die medizinische 
> Klassifikation als Störung problematisch und trägt zur Stigmatisierung 
> bei.“

#### Queer Base und weitere NGOs
Auch Queer Base und andere NGOs fordern eine klare Abkehr von 
pathologisierenden Diagnosen und eine menschenrechtsbasierte Versorgung. 
Sie betonen die Notwendigkeit von Peer-Beratung, psychosozialer 
Unterstützung und rechtlicher Anerkennung ohne medizinische 
Zwangsgutachten.

### 4.2. Wissenschaftliche Kritik und Empfehlungen

#### Internationale Leitlinien und Menschenrechtsgremien
- **UN, WHO, Europarat:** Zahlreiche internationale Gremien fordern ein 
Ende nicht notwendiger medizinischer Eingriffe an intergeschlechtlichen 
Kindern und eine Überarbeitung der medizinischen Klassifikationen im 
Sinne der Menschenrechte.
- **Malta als Vorbild:** Das maltesische Gesetz von 2015 verbietet nicht 
notwendige geschlechtszuweisende Eingriffe an Minderjährigen ohne deren 
informierte Einwilligung und gilt als internationales Vorbild.

#### Wissenschaftliche Studien und Gutachten
- **Fehlende Evidenz für frühzeitige Eingriffe:** Studien zeigen, dass 
es keine wissenschaftliche Grundlage für kosmetische Operationen im 
Kindesalter gibt und dass die langfristigen Folgen oft negativ sind.

- **Psychosoziale Belastungen:** Inter* Personen berichten über hohe 
Raten von Depressionen, Angststörungen, Suizidalität und 
Minderheitenstress, die direkt mit Stigmatisierung und medizinischen 
Übergriffen zusammenhängen.

- **Empfehlung zur partizipativen Versorgung:** Wissenschaftler*innen 
fordern eine partizipative, nicht-pathologisierende Versorgung, die auf 
informierter Einwilligung, Peer-Beratung und psychosozialer 
Unterstützung basiert.

#### Zentrale Forderungen aus Community und Wissenschaft
| Forderung / Empfehlung                         | Begründung / Ziel     
                                                                          
      |
|------------------------------------------------|-----------------------------------------------------------------------------------------------------|
| Abschaffung pathologisierender Begriffe        | Vermeidung von 
Stigmatisierung, Anerkennung körperlicher Vielfalt                       
             |
| Verbot nicht notwendiger medizinischer Eingriffe| Schutz der 
körperlichen Unversehrtheit, Selbstbestimmung                            
                 |
| Einführung menschenrechtsbasierter Leitlinien  | Orientierung an 
internationalen Menschenrechtsstandards                                  
            |
| Einbeziehung von Betroffenen in Leitlinienentwicklung | Partizipation, 
Berücksichtigung von Erfahrungswissen                                    
            |
| Zugang zu psychosozialer und Peer-Beratung     | Unterstützung, 
Empowerment, Resilienzförderung                                          
             |
| Rechtliche Anerkennung ohne medizinische Gutachten | Selbstbestimmung, 
Abbau von Diskriminierung und Barrieren                                  
         |

## Fazit und Ausblick

Die ICD-11 stellt in Bezug auf die Darstellung von 
Intergeschlechtlichkeit einen gravierenden Rückschritt dar. Während für 
Transidentität Fortschritte in Richtung Entpathologisierung erzielt 
wurden, bleibt Intergeschlechtlichkeit weiterhin als „Störung“ 
klassifiziert. Dies hat weitreichende negative Folgen: Es perpetuiert 
Stigmatisierung, legitimiert medizinisch nicht notwendige und oft 
schädliche Eingriffe, erschwert die rechtliche Anerkennung und trägt zu 
psychosozialen Belastungen bei.
Die Kritik aus Community und Wissenschaft ist eindeutig: Die ICD-11 muss 
dringend überarbeitet werden, um menschenrechtsbasierte, 
nicht-pathologisierende und partizipative Ansätze zu fördern. Die 
Erfahrungen aus Ländern wie Malta zeigen, dass rechtliche und 
medizinische Reformen möglich und wirksam sind.

**Empfohlene Maßnahmen:**

- Überarbeitung der ICD-11-Klassifikation: Ersetzung pathologisierender 
Begriffe durch neutrale, wertschätzende Terminologie.
- Verbot nicht notwendiger medizinischer Eingriffe ohne informierte 
Einwilligung.
- Entwicklung und Implementierung partizipativer, 
menschenrechtsbasierter Leitlinien unter Einbeziehung von Betroffenen.
- Ausbau psychosozialer und Peer-basierter Unterstützungsangebote.
- Rechtliche Anerkennung und Diskriminierungsschutz unabhängig von 
medizinischen Diagnosen.
Nur durch eine konsequente Umsetzung dieser Forderungen kann die Würde, 
Selbstbestimmung und Gesundheit intergeschlechtlicher Menschen 
nachhaltig geschützt werden.

## Anhang: Übersicht zentrale Quellen und Stellungnahmen
- **OII Europe:** Handreichung für Gesetzgeber*innen, 
Pressemitteilungen, Stellungnahmen zur ICD-11 und zu menschenrechtlichen 
Standards.

- **Intersexuelle Menschen e. V.:** Stellungnahmen zu 
Gesetzesinitiativen, OP-Verbot, Personenstand, ICD-11.

- **Queer Base:** Forderungen nach Peer-Beratung, rechtlicher 
Anerkennung, menschenrechtsbasierter Versorgung.

- **Wissenschaftliche Literatur:** Gutachten, Leitlinien, Studien zu 
psychosozialen Folgen, medizinischer Praxis, Minderheitenstress, 
Prävalenz.

- **Internationale Leitlinien:** UN, WHO, Europarat, maltesisches 
Gesetz, Empfehlungen zu menschenrechtsbasierter Versorgung.
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DAHER:
Petition „ICD-11 Jetzt!“ / #icd11jetzt