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ICD-11 JETZT! – Warum Deutschland beim internationalen Standard zurückfällt (und wer den Preis zahlt)
Deutschland ist bekanntlich ein hochmodernes Land. Zumindest solange man nicht krank wird. Denn im medizinischen Alltag gilt hierzulande weiterhin die veraltete ICD-10, ein Klassifikationssystem aus einer Zeit, als Faxgeräte noch als Hightech galten und die Bundesregierung erklärte, das Internet sei „Neuland“.
Die
WHO hat das Nachfolgesystem ICD-11
bereits 2022
als einsatzbereit erklärt. Viele Staaten haben es längst eingeführt
– für Lebende
wohlgemerkt. Deutschland hingegen zeigt demokratisch geregelte
Entschlossenheit:
Hier
wird ICD-11 ab 2027 zuerst für Tote eingeführt.
Ja,
Sie haben richtig gelesen. Sterbefälle werden zukunftssicher
codiert, während Lebende sich weiter durch Formulare, alte Begriffe
und medizinische Fehlklassifikationen kämpfen. Vampire, Zombies und
Frankensteins Monster sind begeistert: Endlich nimmt sie mal jemand
ernst.
Die
Begründung aus den zuständigen Behörden klingt stets ähnlich: zu
komplex, zu aufwendig, zu teuer.
Als ob moderne Länder rund um
uns dieselben Herausforderungen nicht längst gemeistert hätten.
Und
als wäre es billiger, Patienten mit chronischen Erkrankungen
jahrelang
falsch zu codieren,
sie zwischen Versorgungslücken pendeln zu lassen und am Ende in
Armut, Erwerbslosigkeit oder Dauererschöpfung zu verschleißen.
Der Preis der Trägheit: echte Menschen, echte Schäden
Chronisch
Erkrankte – etwa mit Borreliose, ME/CFS, Long COVID oder
multisystemischen Erkrankungen – gehören zu den klaren Verlierern.
In der ICD-10 fehlen entscheidende Kategorien oder sie sind so grob,
dass Ärzt:innen, Kassen und Verwaltung praktisch im Blindflug
entscheiden.
Wer
Pech hat, wird nicht ernst genommen – oder einfach in die
Psychoschublade gelegt.
Apropos
Psychoschublade:
Ein besonders peinlicher Anachronismus der ICD-10
betrifft transidente
Menschen.
Dort
gelten sie eindeutig als psychiatrisch
krank.
Dass
das nicht nur wissenschaftlich falsch ist, sondern auch
gesellschaftlich brandgefährlich, sollte sich inzwischen
herumgesprochen haben.
Die
ICD-11 korrigiert diese Pathologisierung endlich.
Nicht
vollständig perfekt – aber ein klarer Fortschritt für eine
Gesellschaft, die sich bunt, demokratisch und menschenfreundlich
nennt.
Gerade deshalb ist die deutsche Verzögerung ein fatales
Signal:
Wer Menschenrechte ernst nimmt, lässt kein
Klassifikationssystem von gestern weiter Schaden anrichten.
Wenn Verwaltungsträgheit politische Züge bekommt
Man
könnte sagen: Das ist doch nur Bürokratie.
Aber Bürokratie ist
niemals neutral.
Wenn ein Staat wissentlich jahrelang
mit veralteten Kategorien arbeitet, die Schäden
verursachen,
Versorgung verschlechtern, Gutachten verzerren und Menschen
entrechten, dann trägt das einen Beigeschmack, den man
höflicherweise „unsozial“ und weniger höflich „autoritäre
Kälte“ nennen könnte.
Wer
krank ist, bringt kein Wachstum, belastet die Kassen, konsumiert
weniger.
Und
wer gleichzeitig durch Klimawandel, schlechte Versorgung und soziale
Isolation zusätzlich belastet wird, landet schnell in den blinden
Flecken staatlicher Prioritäten.
Für eine solidarische
Gesellschaft wäre das ein Warnsignal.
Für eine unsolidarische
hingegen ein Feature.
Die Petition, die Druck macht
Vor
diesem Hintergrund steht die Bundestagspetition Nr.
187602 „ICD-11 JETZT!“.
Eingereicht
am 16.09.2025,
mit inzwischen über 10.000
vorbereiteten Adressaten
in Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, Wissenschaft, Politik und
Gesundheitswesen.
Und
– wie könnte es anders sein – selbst bei der Veröffentlichung
der Petition scheint die Bearbeitungsfrist schon wieder gerissen zu
werden.
Man fragt sich:
Ist
das Unfähigkeit, Zufall oder einfach nur der bürokratische Ausdruck
politischer Prioritäten?
Was jetzt gebraucht wird
Die
ICD-11 ist kein Luxus.
Sie ist ein internationaler Standard, der:
Krankheiten klarer abbildet,
modernere Diagnosen ermöglicht,
psychische und soziale Diskriminierung abbaut,
chronisch Erkrankten eine realistischere Versorgung eröffnet,
Forschung und Statistik verbessert,
und transidente Menschen endlich nicht mehr als „Störung“ klassifiziert.
Wer darauf jahrelang verzichtet, trifft eine Entscheidung – wissentlich oder nicht – gegen die Schwächsten.
Fazit
Deutschland
hat die technische, wissenschaftliche und gesellschaftliche Kompetenz
für die ICD-11 – aber nutzt sie nicht.
Man könnte es Trägheit
nennen. Oder Angst vor Veränderungen.
Oder man nennt es, was es
ist:
eine
politisch produzierte Verzögerung, deren Kosten Kranke tragen.
Die
Petition „ICD-11 JETZT!“ ist kein Randthema.
Sie ist ein
Lackmustest dafür, wie ernst dieses Land seine Werte nimmt:
Solidarität, Menschenwürde, Antidiskriminierung und eine
Gesundheitsversorgung, die auch im 21. Jahrhundert ankommen will.
(mm)